"Ein toller Persönlichkeitstest! Welche Farbe haben Sie?" Wie Sie mit der Test-Flut umgehen.
"Man kann die Menschen in Farbgruppen einteilen. Dann weiß man Bescheid." (eine Führungskraft).
"Neulich habe ich das Super-Double-Profile gemacht. Das sollten wir in Zukunft mit allen Bewerbern machen!" (ein Geschäftsführer).
Kommt Ihnen das bekannt vor?
"Persönlichkeitstests" haben in vielen Unternehmen Einzug gehalten. Das ist kein Zufall, denn findige Verkäufer beginnen meist bei Geschäftsführern, Führungskräften oder bei Entscheidern, die Mittel haben, aber mit den Grundlagen eignungsdiagnostischer Auswahl nicht vertraut sind.
HR-Verantwortliche stehen dann nicht selten vor einem Persönlichkeitsprofil, das als wahres Wundermittel verkauft wurde. Ruck-zuck sind die Profile im Unternehmen verbreitet und "nicht mehr wegzudenken".
Profile, Persönlichkeitstests - was ist das Problem?
Diese Verfahren bringen Probleme - mehr, als sie zu lösen vorgeben.
- Da ist zum einen das Qualitätsproblem im Test oder Profil selbst.
- Weiter das Problem, dass Persönlichkeit alleine keineswegs aussagt, ob jemand für eine Position geeignet ist.
- Und zu guter Letzt gibt es die Typenprofile, die für die Auswahl gar nicht geeignet sind, aber dennoch genutzt werden.
Professor Uwe Peter Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der FH Osnabrück, zieht eine kritische Bilanz:
"Die in deutschen Unternehmen populärsten Instrumente sind solche, deren Grundkonzeption aus wissenschaftlicher Sicht völlig überholt erscheint und/oder deren diagnostische Qualität bestenfalls fragwürdig zu nennen ist".
Diese und weitere Informationen finden Sie auf seinem sehenswerten Video zu Testverfahren in der Auswahl.
Qualitativ hochwertige Testverfahren sind aufwändig zu entwickeln, denn es gibt eine Reihe von Qualitätskriterien. Misst der Test wirklich, was er messen soll? Oder ist es nur eine Mischung aus findigen Fragen, und die Antworten werden irgendwie zu einem Ergebnis verwurschtet?
Ein trübes Beispiel sind Typenverfahren, besonders dann, wenn diese für die Personalauswahl eingesetzt werden - wie eben die "Menschen in Farben", siehe Zitat oben. Wo gibt es wissenschaftliche Belege, dass bestimmte Eigenschaften Menschen "definieren"? Und warum dann noch diese Farben in dieser Kombination?
Die Anbieter solcher Verfahren wenden sich nicht umsonst an Entscheider, die sich mit den Qualitätskriterien von Testverfahren gar nicht auskennen können, denn es ist nicht ihr Fachgebiet. Der Verkäufer der Verfahren hält sich erst gar nicht mit einer fundierten Erklärung auf, sondern bietet gleich ein "faszinierendes" Verfahren an. Er nutzt das Bedürfnis von Entscheidern nach Selbsterkenntnis.
Gerne übersehen wird auch: viele Test beschreiben, so der Anspruch, "Persönlichkeit". Doch für Auswahlverfahren reicht das noch nicht: die Eignungsdiagnostik sieht drei Perspektiven vor, den trimodale Ansatz der Diagnostik. Die Messung von Eigenschaften ist immer nur ein Bestandteil eines Auswahlverfahrens.
Jetzt sind Sie gefragt für Auswahlqualität im Unternehmen - was können Sie tun?
Sie können viel dazu beitragen, dass geeignete Verfahren den Weg in Ihre Organisation finden. Die folgenden drei Tipps bringen Sie weiter.
Agieren Sie präventiv - stellen Sie selbst ein wertiges Verfahren vor.
Stellen Sie doch selbst bei Zeiten ein fundiertes Persönlichkeitsprofil vor; wir empfehlen den BIP (das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung), hier im Überblick. Da stimmt alles: entwickelt an der Universität Bochum, bezogen auf die berufliche Persönlichkeit, mit breiter Datenbasis und verlässlicher Auswertung.
Bringen Sie auf Ihre Einwände vor und verweisen Sie auf Experten.
Mit dem ersten Tipp sind Sie schon einmal das Bedenkenträgerimage los - Sie haben ja einen hochwertigen Vorschlag gemacht. Sollten weniger fundierte Profile den Weg in Ihre Organisation finden, so erläutern Sie, warum das kritisch ist. Verweisen Sie gerne auf Experten wie Professor Kanning (siehe oben) oder diesen Blogbeitrag.
Schlagen Sie digitale Alternativen für die Personalauswahl vor.
Die Entscheider möchten nicht auf digitale Hilfen bei der Personalauswahl verzichten? - Dann schlagen Sie doch als Alternative kompetenzbasierte Tools vor.
Das Personalauswahltool erstellt Ihnen ein individuelles Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle, einen stellenbezogenes Telefoninterview und einen passenden Leitfaden für das Präsenzinterview mit Auswertungsskalen - alles in eignungsdiagnostischer Qualität.
Ihre Entscheider sind mit im Boot bei der Anforderungsanalyse durch das Critical Incident Interview.